“Chris, ich hab mir letztens Globuli gekauft, was hältst du davon?” Ahhh Globuli, die Wunderwaffe der Homöopathie. Also ich persönlich finde den größten Betrug der Pharmaindustrie Homöopathie ziemlichen Humbug. Aber um gleich mal vorweg eines klarzustellen, in diesem Artikel geht es um Homöopathie im eigentlichen Sinne. Nicht um alternative Medizin, Pflanzenextrakte, oder Ähnliches. Aber was ist überhaupt Homöopathie? Beginnen wir am besten am Anfang:

 

Homöopathie, Entstehung und Anwendung

 

Homöopathie beruht auf den Aufzeichnungen des deutschen Arztes Samuel Hahnemann (1796) und geht von seiner Annahme aus, dass Ähnliches durch Ähnliches geheilt wird. Davon leitet sich auch (vereinfacht dargestellt!) der Name ab: Homöo=Ähnlich und Pathie=Leiden.

Grundsätzlich finde ich diesen Gedanken gar nicht mal so falsch. Bei einer Impfung passiert auch nichts anderes: Du bekommst entweder tote oder sehr abgeschwächte Keime gespritzt und regst damit dein Immunsystem an, Antikörper (für die Zukunft) zu produzieren.

Aber wie kommt man bei der Homöopathie überhaupt auf das Ähnliche?

 

Die Arzneimittelprüfung

Die “Arzneimittel”-Prüfung läuft etwa so ab: Gesunden Menschen wird Gift (!) gegeben und wenn sie überleben (das ist leider kein Spaß, 1796 war die Medizin mehr Kunst als Wissenschaft), werden die auftretenden Symptome notiert. Natürlich wird dies nicht nur mit Gift, sondern auch mit anderen Substanzen durchgeführt.

Harmloses Beispiel: Du bist Versuchsobjekt und bekommst Koffein. Deine Symptome sind ein erhöhter Puls, dein Zentralnervensystem wird angeregt und du fühlst dich wacher. Diese Symptome werden in einem Buch notiert und dient zukünftigen Quacksalbern Medizinern als Referenz. Jetzt brauchen sie bei der Anamnese (Patientenbefragung) nur noch ablesen, was sie verschreiben müssen.

 

Die Anamnese

Angenommen du hast Schlafstörungen und gehst zu deinem Hausarzt. Du erzählst ihm von deinem Herzrasen und dass du einfach nicht müde wirst. Bei der Homöopathie wird ja Ähnliches mit Ähnlichem bekämpft, dementsprechend ist die “Lösung” also etwas, das deine Symptome hervorruft. Er kann jetzt nachlesen und weiß sofort, haha, die Lösung ist ganz einfach, da brauchen wir Koffein! Also bekommst du ein homöopathisches Mittel mit dem Inhaltsstoff Koffein! Ist doch ganz logisch, oder? Wenn du also das nächste Mal nicht einschlafen kannst, trink einen Kaffee oder einen Energydrink. 😉

“Aber Chris warte mal. Bei der Homöopathie bekommt man doch nicht die Reinform. Da gibt es doch die Potenzierung!” Richtig! Danke für’s Erwähnen, ich muss sowieso noch auf das Wort “Inhaltsstoff” zurückkommen.

 

Die Potenzierung

Natürlich ist dort kein Koffein drinnen, das würde ja keinen Sinn machen! Es war in der Grundsubstanz drinnen und wurde potenziert. Aber was bedeutet das eigentlich?

Man benötigt eine Grundsubstanz wie destilliertes Wasser, Ethanol, Glycerin oder Milchzucker (Daher auch im Titel “das süße Nichts” 😉 ), in die der Inhaltsstoff gemischt wird. Dann wird es dynamisiert (auf Deutsch: geschüttelt. Auch das ist (leider) wieder kein Witz…). Von dieser dynamisierten Substanz wird ein Tropfen genommen und in eine neue Grundsubstanz gegeben. Danach wird erneut dynamisiert. Dieser Schritt wird jetzt mehrmals wiederholt.

Auf der Packung kannst du nachlesen, wie oft das wiederholt wird, also sprich, wie stark verdünnt wurde. (Hier hast du die Verdünnungsschritte aufgelistet.) Als Beispiel möchte ich hier den Verdünnungsfaktor C12 herausheben. Das entspricht in unserem Beispiel, einer Prise Koffein im gesamten Atlantischen Ozean. Ernsthaft!?!?!? (Hahnemanns Empfehlung und dementsprechend auch die der meisten Homöopathen ist übrigens C30 (bzw. D60). Das geht weit über unsere Vorstellungskraft hinaus, da es einem Tropfen in ein paar Milliarden Galaxien entspricht.)

“Aber ich hab gehört, es geht gar nicht so sehr um die Substanz an sich, sondern um die Information der Substanz, die sich noch in der Lösung befindet.”

Ah ja, die Information. Der “Gedächtniseffekt des Wassers”. Ganz ehrlich, ich glaub bei einem Tropfen in einer Milliarden Galaxien, hab ich die Info auch in mir, wenn ich einen Schluck Wasser aus der Wasserleitung trinke…

“Aber bei mir hat es gewirkt, ich war krank und dann nicht mehr.”

Homöopathie wirkt! Aber wieso eigentlich? Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, ich werde nur die meiner Meinung nach wahrscheinlichsten ansprechen:

(Achtung, falls du noch immer an Homöopathie glauben solltest, dann lies den ersten Punkt eher nicht, da sie dann möglicherweise nicht mehr wirkt. Wenn du wissen willst, wieso sie nicht mehr wirkt, solltest du dir den ersten Punkt durchlesen. Blödes Dilemma 😉 )

 

Wieso Homöopathie wirkt

 

Der Placebo-Effekt

Der menschliche Körper, und noch viel mehr sein Geist, kann wahre Wunder vollbringen. Die Selbstheilungskräfte sind erstaunlich. Einer der Hauptgründe, wieso Homöopathie wirkt, ist der sogenannte Placebo-Effekt. Kurz zusammengefasst ist es ein Arzneimittel ohne Arznei. Ein Medikament ohne Medizin. Ein Überraschungsei ohne Spielzeug.

Aber das Erstaunliche ist, es wirkt trotzdem. Das bedeutet, obwohl es eigentlich nicht wirken sollte, weil kein Inhaltsstoff drinnen ist (ab C12 ist kein Molekül des Grundstoffes mehr enthalten), funktioniert es trotzdem irgendwie. Es ist die Erwartungshaltung oder die Vorstellung, dass es funktioniert, die unser Gehirn/Zentralnervensystem/Immunsystem anregt, sich selbst zu heilen. Aber natürlich nur, solange du daran auch glaubst. Der Placebo-Effekt ist so wahnsinnig effektiv, dass ich die Homöopathie gar nicht wirklich verteufeln kann. Denn, wenn du wirklich daran glaubst und du dich dadurch selbst heilst, rechtfertigt dann nicht der Zweck die Mittel? Diese philosophische Fragestellung kannst du ja mal am Abend, in gemütlicher Runde, mit Freunden diskutieren 😉

Aber kommen wir jetzt zur zweiten Erklärung:

 

Der Krankheitsverlauf

Wie verläuft eigentlich jede Krankheit (vorausgesetzt natürlich, man überlebt sie)?

Nehmen wir als Beispiel den Grippalen Infekt (Erkältung). Zuerst sind es nur leichte Symptome, wie ein Kratzen im Hals und leichte Halsschmerzen. Dann kommt ein Brennen/Kitzeln in der Nase dazu, der zu Schnupfen wird. Als nächstes folgen Kopf- und Gliederschmerzen. Am Höhepunkt kommt es zu Fieber. Jetzt hast du es fast geschafft. Das Fieber geht zurück, der Taschentuchverbrauch wird geringer und du musst auch nicht mehr so viel husten. Nach ein paar Tagen bist du wieder gesund.

So in etwa läuft jeder Krankheitsverlauf ab. Es beginnt milde, kommt zu einem Höhepunkt und klingt langsam wieder ab, wie eine Glocke.

“Aber Chris, was hat das jetzt mit der Homöopathie zu tun?” Ganz einfach. Wann glaubst du, greifen die meisten Menschen (falls sie sich nicht bereits in der Vergangenheit damit “geheilt” haben) zu homöopathischen Mitteln (wie wäre es mit Darmsekret des Pottwals, oder Bibergeil)?

Richtig, am Höhepunkt. Dann, wenn alles andere (richtige Medizin) nichts geholfen hat. Und plötzlich fühlen sie sich besser. Dann ist man wieder gesund. Hurra, endlich ein Mittel, das hilft! Aber, wie du vorher gelesen hast, folgt auf den Höhepunkt die Phase des Abklingens. Das heißt, selbst, wenn sie nichts genommen hätten, wäre es besser geworden. Nur haben sie jetzt die Verbesserung dem Mittelchen zugeschrieben. Sie haben sich selbst konditioniert (hier ein Artikel, der dir zeigt, wie du die Selbstkonditionierung zu deinem Vorteil nutzen kannst!). Auch hier hat eigentlich nicht die Homöopathie geholfen, sondern es war der zeitliche Zufall.

 

Bevor die Homöopathie-Anhänger in den Kommentaren vor Wut aufschreien, hier die zwei am häufigsten von ihnen verwendeten Argumente:

 “Aber es gibt doch Studien, die beweisen, dass es funktioniert.”

Ehrlich? Welche? Bis jetzt gibt es nämlich keine.

“Ich hab gehört, es funktioniert sogar bei Kindern und Tieren, da kann es doch gar keinen Placebo-Effekt geben.”

Und ob! Bei Kindern ist dieser sogar noch stärker. Tiere können vielleicht nicht verstehen, was sie bekommen und was die Folge davon ist, sie merken aber sehr wohl das Verhalten der Tierärzte und ihrer Besitzer. Und das wiederum beeinflusst die Wirkung der Mittel.

So, und jetzt zur alles entscheidenden Frage:

“Ich habe mir jetzt alles durchgelesen und verstehe einfach nicht, wie seriöse Apotheken das überhaupt verkaufen können?”

Tja, wie immer geht es hier natürlich um Geld. Sehr, sehr viel Geld! In Deutschland lag der Umsatz im Jahr 2013 bei 482 Mio. Euro! Nicht schlecht oder? Da haben wir wohl die falsche Ausbildung gemacht… Aber keine Sorge, du kannst sie ja nachmachen! Du brauchst nur ein abgeschlossenes Medizinstudium. Ach ja, da wir im Bürokratiestaat Österreich leben, reicht das natürlich noch nicht. Bei uns brauchst du natürlich zusätzlich noch eine mehrjährige Ausbildung, damit du ein Diplom für den Bereich Homöopathie bekommst. Dann, und nur dann, darfst du erkranktes Gewebe einer tuberkulösen Menschenlunge verschreiben.

Leben wir nicht in einer verrückten Welt?

Dein Fitnesstrainer Wien,

Chris